Der Skorpion ist zweifellos das verwirrendste und
vielleicht auch am wenigsten verstandene aller Tierkreiszeichen. Die Skorpione selbst
tragen wenig zur Lösung des Rätsels bei, weil es ihnen gefällt, sich rätselhaft und
geheimnisvoll zu geben, sobald sie sich in irgendeiner Situation unsicher fühlen und erst
die Strömungen erforschen müssen.
Als Wasserzeichen ist der Skorpion sehr stark mit
der Gefühlswelt verbunden. Ungeachtet seiner üblichen guten Tarnung und der
Skorpion kann sich besser tarnen als jedes andere Zeichen hat er tiefe Gefühle,
ist sehr sensitiv und wird leicht von den emotionellen Strömungen in ihm und um ihn
beeinflusst. Seine Antennen für die Gefühle anderer sind sehr ausgeprägt. Er ist leicht
verletzlich, aber sympathisch und mitfühlend, oft unendlich einsam und von einem geradezu
gierigen Verlangen nach Beziehungen getrieben. Das Etikett des Einzelgängers wird ihm zu
Unrecht angehängt. Seinem Wesen nach ist er kein Einzelgänger, sondern genau das
Gegenteil. Er sehnt sich nach einer wirklich tiefen, sehr engen Bindung, ist aber sehr
wählerisch darin, wen er in seine so ungeheuer feinfühlige Psyche einlässt. Ausserdem
traut er den Menschen allgemein nicht so recht über den Weg.
Der Skorpion würde dieses Misstrauen
realistische Vorsicht" nennen. Wie alle Wasserzeichen macht er sich keine
Illusionen darüber, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Er erfasst mit einer Art
sechstem Sinn, was andere, oft ohne es selbst zu wissen, gern verbergen möchten. Dadurch
wird natürlich alles noch viel komplizierter. Denn es ist ein ziemlich beunruhigendes
Gefühl, wenn ein anderer mehr über einen weiss als man selbst. Von früher Kindheit an
durchschaut er jede Heuchelei und jeden Schwindel. Er nimmt Strömungen instinktiv auf,
ist aber häufig nicht in der Lage, diese Wahrnehmungen zu formulieren. Er reagiert
einfach ganz spontan von innen heraus auf Menschen. Und man kann sicher sein, dass er
recht hat, wenn er irgendwo Schwefel riecht. Der Ärger ist nur, dass er fast überall
Schwefel riecht.
Das liegt daran, dass der Skorpion eins der
beunruhigendsten Geheimnisse der menschlichen Natur kennt: die dunkle Seite, die jeder
Mensch in sich hat. Der Skorpion kann sich keine romantischen Illusionen leisten, da er zu
genau weiss, dass der Mensch bei allem Edelmut und aller Grösse immer noch ein Tier ist,
und zwar kein besonders angenehmes. Prinzipien sind was Feines, aber das Leben richtet
sich nicht danach. Kein Wunder, dass der Skorpion oft sehr zynisch wirkt. Aber wie sollte
er anders sein, wo er ständig unfreiwillig den hässlichen Anblick von jedermanns und der
eigenen schwarzen Wäsche aufgedrängt bekommt.
Eins der grössten Lebensprobleme des Skorpions
ist, dass er Toleranz lernen muss. Mitgefühl besitzt er ausreichend, obwohl er, wenn es
nötig ist, rücksichtslos sein wird. Er lässt sich sehr wenig von einer traurigen
Geschichte rühren, wenn der Erzähler keinen Versuch gemacht hat, sich erst mal selbst zu
helfen. Denn trotz allen Mitgefühls ist der Skorpion gegen Schwäche unduldsam. Auf
Leiden reagiert er, und bei Schmerzen und Einsamkeit ist er tiefen Mitleids. Viele
Skorpione wählen deshalb helfende Berufe, wie Arzt oder Psychologe. Aber Faulheit und
Schwäche kann der Skorpion nicht ertragen. Er hat die Einstellung, dass man an jeder
Schwierigkeit etwas ändern und aus jedem Leben Etwas machen kann, wenn man nur will. Ihm
entgeht leider, dass Menschen verschieden sind und nicht jeder seine Fähigkeit zur
Selbstdisziplin besitzt. Und auch die Lebenswege der Menschen sind verschieden. Der
berühmte luziferische Stolz des Skorpions hindert Ihn an der Erkenntnis, dass es manchmal
nötig, ja sogar mutig ist, nachzugeben.
Es fällt dem Skorpion überaus schwer, die
Selbstbeherrschung preiszugeben. Es kann sich dabei um das Unterdrücken spontaner
Gefühlsäusserungen handeln, aber auch um die Beherrschung anderer Menschen gehen oder
gar des des Lebens selbst. Und das wird bei engen Beziehungen zum Problem. Dann findet man
den Manipulator, der die Marionetten tanzen lässt, um die Welt in Ordnung zu halten.
Die Mixtur von Einsicht und ungeheurer
Feinfühligkeit, wildem Stolz, Entschlossenheit, sich einen eigenen Pfad durchs Leben zu
schlegen, und generellem Misstrauen gegen die Beweggründe anderer ergibt nicht gerade
das, was man als einen umgänglichen" Menschen bezeichnen könnte. Manchmal
kommt dabei ein faszinierendes, brodelndes Elixier heraus, das schwer zu verkraften ist.
Manchmal aber entsteht aus der Mischung ein Paranoiker, wie er im Buche steht.
Häufig wird gesagt, wegen seiner grossen
Willenskraft, Geduld, Beständigkeit und Einsicht könne der Skorpion alles erreichen, was
er sich in den Kopf gesetzt habe. Generell stimmt das. Wenn er einmal den Entschluss zu
etwas gefasst hat, ist er nur schwer zu schlagen. Als emotionales Zeichen hat er zu allem,
was er tut, eine gefühlsmässige Beziehung. Ob es darum geht, der Führer einer Nation zu
werden, oder nur darum, eine Glühbirne auszuwechseln, wenn ihn interessiert, geht er
nichts lauwarm an. Herz und Seele und Körper sind beteiligt. Wenn man mit seinen
Gefühlen wirklich an etwas hängt, muss man eben alle Talente und Kräfte einsetzen. Mit
dieser Einstellung kann man mühelos Berge versetzen. Sein Scharfblick ermöglicht es ihm,
Hindernissen auszuweichen und all die zu überspielen oder, falls nötig,
niederzuknüppeln, die sich ihm in den Weg stellen, ehe überhaupt jemand merkt, dass es
zu einer Auseinandersetzung kommen könnte.
Mit grosser Selbstbeherrschung kann dieses
fixierte Zeichen unter Umständen Jahre warten, bis es sein Ziel erreicht, und übersieht
dabei nichts und vergisst nichts. Ein bemerkenswertes Erfolgsrezept!
Dabei ist es gar nicht der Erfolg, der den
Skorpion motiviert. Es gibt Skorpione, die in ihrem Gefühlsleben frustriert sind und
darum absolute Macht anstreben. Doch ist dies eine pathologische Ausdrucksform des
Zeichens. Jeder Mensch, der lange genug gequält wird, sucht nach Macht, um kompensieren
zu können. Der wirkliche Schlüssel zur grossen Entschlossenheit des Skorpions, etwas aus
sich zu machen, liegt tief in seiner eigenen geheimnisvollen Seele. Sein Herz ist ein
Schlachtfeld, denn die maskulinen und femininen Elemente in ihm bekriegen sich ständig
und zwingen ihn, tiefer in seine Beweggründe einzutauchen, als es unsere extravertierte
Gesellschaft für gesund hält. Er hat die ganze feminine Sensivität der Wasserzeichen,
wird aber von Mars, dem Gott des Krieges, und Pluto, dem Herrscher der Unterwelt, regiert.
Immer wieder wurde dem Skorpion vorgeworfen, dass seine grüblerische Selbstbeobachtung
neurotisch oder egoistisch sei. Er selbst aber sieht das anders. Und damit hat er
vermutlich recht, zumindest, soweit es um seinen eigenen Weg geht. Für ihn ist es kein
neurotisches Grübeln, sondern der Versuch, die Wahrheit über sich selbst und das Leben
zu entdecken. An der Oberfläche zu bleiben, empfindet er als beleidigend.
Oberflächlichkeit verabscheut er fast genauso wie Charakterschwäche. Er muss verstehen,
warum er so fühlt, wie er fühlt, und so handelt, wie er handelt, und warum andere anders
handeln und anders fühlen. Er taucht in Tiefen, vor denen alle anderen Zeichen ängstlich
ans Ufer zurückweichen würden, und erforscht sie. Der Skorpion muss sich selbst
verstehen können und mit den widersprüchlichen Kräften seiner Natur, die ihm keinen
Frieden geben, wenigstens einen Waffenstillstand schliessen.
Jeder skorpion trägt irgendeine Wunde, ein
Problem, einen Konflikt oder eine Enttäuschung mit sich herum, die nicht heilen, sosehr
er sich auch darum bemüht. Meistens ist es ein selbstgeschaffenes Problem. Er hat einfach
den Hang, Krisen heraufzubeschwören und dann dramatisch gegen den Feind anzukämpfen. Der
Skorpion hat eine ausgeprägte theatralische Ader, und sie das Geheimnis seiner Tendenz
zur Selbstzerstörung. Darum verletzt er sich selbst und stachelt sich mit etwas auf, das
er nicht überwinden kann. Das spornt ihn an, in seinem Inneren etwas zu vollbringen, das
ihm am Ende viel wichtiger ist als alle äusseren Errungenschaften.
Der Skorpion würde sich eher selbst zerstören
oder mit eigener Hand in Brand setzen buchstäblich wie psychologisch - , als sich
dem Ultimatum oder der Herrschaft eines anderen zu unterwerfen. Wenn er aber einmal sein
Haupt neigt, dann hat er auch eine der wichtigsten Lehren in seinem Leben gelernt. Viel
eher aber wird er dieses Neigen des Hauptes nur vorspielen und später hochkarätig
heimzahlen. Meistens wird er sich am Ende nur dem unterwerfen, was er als eine Art
Gottheit begreift. Und dieses rätselhafte Wesen hat überaus merkwürdige Gottheiten.
Ein Skorpion, der apathisch und nach aussen hin
unterwürfig scheint, ist innerlich mit Sicherheit von wütendem Groll und von Eifersucht
zerfressen. Sehr oft weiss er das selbst nicht. Unterdrückte skorpionische Wut ist etwas
sehr, sehr Unangenehmes. Jeder Skorpion hat jedoch den Mut, sich dem zu stellen, was in
ihm ist, und es umzuwandeln.
Der Skorpion weiss um die Saat des Guten und des
Bösen, die alle Menschen in sich tragen. Das Böse ist nichts Abstraktes oder die Schuld
eines anderen; es ist in jedem vorhanden. Menschliche Brutalität kann nicht der
Gesellschaft zur Last gelegt werden, sondern letztlich immer nur dem einzelnen Menschen.
|
Zum Unbekannten vordringen.
In der Öffentlichkeit ist der Skorpion unerhört
fähig, die ihm anvertrauten pflichten eines Organisators auszuführen. Auf persönlicher
Ebene bereitet ihm die Entdeckung Sorge, vor dem tiefen Geheimnis seiner eigenen Existenz
zu stehen. Woher kam er? Wohin geht er? Warum ist er hier? Er muss den
Schleier des Lebens lüften, ohne Rücksicht auf den möglicherweise zu zahlenden Preis,
um seinen ruhelosen Geist zu besänftigen, der sich von der alleinigen Beschäftigung mit
irdischen Dingen gelöst hat. Und so ruft er aus: Ich verlange!"
Es gibt viel, was die Skorpionseele weiss, aber
doch viel mehr, was sie fühlt und was noch nicht bestimmt werden kann. Der Einfluss des
Skorpions bringt ein brennendes Verlangen mit sich, in das Unbekannte einzudringen; dieses
Verlangen ist so brennend, dass es Verstand und Seele zerstören würde, bekäme er es
nicht mit kühler Vernunft in den Griff. Erfahrungen haben ihn vorsichtig gemacht, denen
gegenüber seine Meinung kundzutun, die sie auf keinen Fall teilen werden. Jede erlittene
Niederlage stärkt in ihm die innere Überzeugung, dass die erste Loyalität nur seiner
eigenen persönlichen Integrität gelten darf. Er spürt, wenn sein Selbst verloren ist,
ist alles verloren.
Die Liebe ist etwas, das von ihm erforscht werden
muss, mit einer Intensität, die den anderen Sonnenzeichen unbekannt ist. Obwohl er der
Liebe nur traut, nachdem sie bewiesen hat, dass sie dieses Vertrauen auch wert ist, ist
seine Treue, wenn er sich einmal jemandem verschrieben hat, standhaft und ewig. Da er den
heftigen Wunsch hat, sich selbst und die, die er liebt, vor Schmerzen zu schützen, sieht
er sich gezwungen, die Forderung Auge um Auge, Zahn um Zahn" zu stellen als
Versicherung, dass Verletzungen nicht mehr vorkommen werden. Durch den sanften Einfluss
des beherrschenden Planeten Pluto erhöht die die Erfahrung des Todes in der Skorpionseele
das Verlangen, noch tiefer in das Wissen einzudringen, das im Unterbewussten begraben
liegt. Während der Geist des Skorpions sich trotz der Schwerkraft wie ein Adler aufwärts
schwingt, verstärken sich die weltlichen Verlangen und Leidenschaften und treiben ihn
dazu, seinen Wert in Frage zu stellen. Überempfindlich, doch fähig, diese Sensibilität
zu kaschieren, lernt er die erstaunliche Macht seines Verstandes kennen und gebraucht ihn
im geheimen, aus furcht, die anderen würden lernen, die gleiche Art von Macht über ihn
auszuüben.
Die positiven Eigenschaften des Skorpions sind
Treue, Willenskraft, Anziehungskraft, Freundlichkeit, Scharfblick und seine überraschende
Selbstkontrolle. In der negativen Form kommen sie zum Ausdruck als Unbarmherzigkeit,
Fanatismus, Rachgier, Argwohn und Selbsthass.
Für den Skorpionmenschen bedeutet Liebe eine
verzehrende Flamme, die jedes Opfer wert ist und er muss deren Herausforderung
überwinden. Er strebt verzweifelt danach, die physischen und geistigen Schwingungen der
Liebe in einer eigenartigen Mischung von Erotik und Reinheit zu vereinen. Doch die
Befriedigung des Verlangens hinterlässt in der Skorpionseele das Sehnen nach etwas, das
jenseits liegt.
|
Oft nimmt das Misstrauen überhand.
Was lässt sich über die Schattenseite des
Skorpions sagen, der doch die dunkle Seite seines Wesens selbst sehr genau kennt? Er ist
ein Wasserzeichen: voller Gefühl und subjektiv in der Art, wie er sich dem Leben und den
Menschen stellt. Er hat Mut, sich vielen Dingen zu stellen, aber meistens gehören sie auf
die Gefühlsebene. Was er weniger gut erträgt, ist die Konfrontation mit dem Ausmass, in
dem seine Reaktionen von seinen Meinungen beherrscht werden. Wasserzeichen neigen zur
Voreingenommenheit, weil sie sich häufig der eigenen Denkprozesse nicht bewusst sind.
Subjektiv angelegt und mit ihren eigenen Wertvorstellungen befasst, ist es schwer für
sie, die Dinge klar, fair und aus der Vogelperspektive zu sehen. Davon ist er ganz
besonders betroffen. Seine Anschauungen über das Leben und die Menschen können fanatisch
sein. Und dieser Fanatismus kann ihn am falschen Ort und zur falschen Zeit dazu bringen,
aus Voreingenommenheit oder aus einer verzerrten Beurteilung heraus sehr unerfreuliche
Handlungen zu begehen.
Er kann dadurch Ehe, Liebesbeziehung und Familie
zerstören. Es genügt nicht, den Skorpion einfach als eifersüchtiges Zeichen
abzustempeln. Es gibt viele Arten der Eifersucht. Alle Wasserzeichen sind besitzgierig.
Sie brauchen enge Bindungen und fürchten das Alleinsein. Aber die pathologische
Eifersucht des Skorpions ist nicht nur die Angst, einen geliebten Menschen zu verlieren.
Bei ihm wird unter der Oberfläche dann eine ziemlich bittere Lebensanschauung sichtbar,
ein finsterer Glaube an die fundamentale Schlechtigkeit eines jeden Menschen. Die
Schattenseite des Skorpions ist sein in starre Meinungen gezwängter Negativismus, der
unter der Oberfläche lauert und ihn oft ausgerechnet dann quält, wenn er am
glücklichsten sein sollte.
Es braucht lange, bis er zu vertrauen und zu
vergeben lernt. Meistens hat er Misstrauen schon in jungen Jahren gelernt, hat die dunklen
Schatten hinter seinen Eltern, hinter religiösen Lehren und hinter seiner Erziehung
gesehen.
In seinen klassischen psychologischen Mustern ist
nicht das Nachtragen oder die Rachsucht das eigentliche Problem. Schlecht bei ihm ist,
dass er den anderen praktisch keine Chance gibt. Seine Meinung steht schon fest, ist
vorfabriziert wie eine Fertigmahlzeit, wird geäussert und dem Beleidiger angehängt,
gleichgültig, ob sie stimmt oder nicht und manchmal ohne dass er die Fakten überhaupt
kennt.
Wasserzeichen halten nicht viel von Tatsachen. Die
verwirren sie, denn den Wasserzeichen geht es um das Gefühl und nicht um das, was
wirklich geschehen ist. Die Schattenseite des Skorpions ignoriert den Standpunkt des
anderen völlig.
Damit zu leben ist schwer. Spuren davon findet man
nicht nur bei Einzelmenschen. Der Skorpion ist ein Zeichen grosser Macht im Guten
und im Bösen. Kein Skorpion, wie unscheinbar er äusserlich auch wirken mag, ist ohne
Einfluss auf die Menschen seiner engsten Umgebung.
|